Stirbt ein Mensch, gibt es oft Streit wegen des Erbes. Insbesondere dann, wenn der Verstorbene jemanden enterbt hat oder kein Testament hinterlassen hat. Das Gesetz hat für diese Fälle den so genannten Pflichtteilsanspruch vorgesehen. Er ist ein reiner Geldanspruch und bezieht sich nicht auf Sachwerte. Er steht den Verwandten aus der gesetzlichen Erbfolge zu. Diese folgt bestimmten Regeln:
Die gesetzliche Erbfolge ist in unterschiedliche Ordnungen aufgeteilt:
Erben 1. Ordnung: Kinder, Enkel, Urenkel Erben 2. Ordnung: Eltern des Verstorbenen und deren Kinder (Geschwister des Verstorbenen, Nichten, Neffen) Erben 3. Ordnung: Großeltern des Verstorbenen und deren Kinder
1. Wer erbt gemäß Pflichtteilsanspruch?
Ehepartner werden in der gesetzlichen Erbfolge nicht beachtet. Wenn die Ehe aber ohne Ehevertrag geführt wurde, spricht man von einer so genannten Zugewinngemeinschaft. In diesem Fall erben die Ehepartner die Hälfte des Erbes. Beispiel 1: Ein Mann stirbt. Er hinterlässt zwei Kinder und eine Ehefrau, mit der er in der Zugewinngemeinschaft gelebt hat. Die Kinder sind Erben 1. Ordnung, sie erben jeweils ¼ des Nachlasses. Die Ehefrau erbt die Hälfte. Beispiel 2: Ein Mann stirbt. Er hat keine Kinder und keine Ehefrau. Seine Eltern leben noch. Es erben die Eltern.
2. Können auch Enterbte Geld bekommen?
Der Pflichtteilsanspruch steht jedem Erben zu, der Teil der gesetzlichen Erbfolge ist. Der Sohn oder die Tochter des verstorbenen Vaters haben also Anspruch auf einen Pflichtteil – auch dann wenn der Vater den Sohn enterbt hat. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Diese Erbquote und somit der Pflichtteilsanspruch hängt von der Anzahl der berechtigten Erben ab. Beispiel: Ein Vater stirbt und hinterlässt eine Ehefrau, einen Sohn und eine Tochter. Die Eltern haben keinen Ehevertrag vereinbart. Es besteht die Zugewinngemeinschaft. Der Vater hat den Sohn enterbt. Die Ehefrau erbt die Hälfte des Vermögens, den Kindern steht jeweils ein Viertel zu. Das ist die gesetzliche Erbquote. Der Sohn kann also den Pflichtteil von einem Achtel beanspruchen.
Oder in Zahlen:
Vermögen = 120.000 Euro
Erbe der Ehefrau = 60.000 Euro
Erbe der Tochter = 30.000 Euro
Pflichtteil des Sohnes = 15 000 Euro.
3. Wann gibt es kein Geld trotz Pflichtteilsanspruch?
Zur Erklärung der Sonderregelungen wird dieses Beispiel weiter genutzt. In einigen Fällen kann der Vater in seinem Testament dafür sorgen, dass der Sohn auch den Anspruch auf den Pflichtteil verliert. Dafür müssen folgende Gründe vorliegen:
- Der Sohn will den Vater oder einen nahe stehenden Verwandten (die Mutter, z.B.) umbringen
- Der Sohn hat den Vater vorsätzlich körperlich misshandelt
- Der Sohn hat ein Verbrechen begangen
- Der Sohn hat die Unterhaltspflicht seinem Vater gegenüber verletzt
- Der Sohn hat mindestens ein Jahr im Gefängnis gesessen, ist in einer psychiatrischen Klinik untergebracht oder ein einer Entzugsklinik.
In allen Fällen muss der Sohn dem Gericht beweisen, dass diese Gründe entweder nicht mehr vorliegen, oder der Vater dem Sohn verziehen hat.
4. Wie macht man den Pflichtteilsanspruch geltend?
Der Pflichtteilsanspruch verjährt 3 Jahre nach dem Todesjahr des Verstorbenen. Um ihn geltend zu machen, muss der enterbte Sohn – oder juristisch, der Pflichtteils-Berechtigte – von den Erben eine detaillierte Aufstellung des Nachlasses verlangen. Dabei hat er ein Recht, bei der Aufstellung des Nachlasses anwesend zu sein. Aus der Aufstellung ergibt sich die Höhe des Erbes. Wie oben angegeben, kann dann der Pflichtteil berechnet und eingeklagt werden. Um hier keinen Schritt zu vergessen, ist die Hilfe eines Anwaltes ratsam.